Alexander Höllers Waldserie sorgt für Furore
Schweinfurter Tagblatt 11.01.2021 - von Steffen Krapf
Der jüngste Erfolg des Künstlers hat seinen Ursprung in den Wäldern rund um Schweinfurt. Ein Gespräch in seinem Sehnsuchtsort.
Eine Stunde lang nimmt sich Alexander Höller am Nachmittag des Heiligen Abends Zeit für einen Waldspaziergang in den Schweinfurter Wehranlagen. Natürlich im Wald. Natürlich in der Heimat. Hier, in den Wäldern der Region, liegt der Ursprung seines jüngsten Erfolges. Der 24 Jahre alte Maler wirbelt als Shootingstar seit gut drei Jahren die Kunstszene auf. Mit seiner Waldserie sorgte er 2020 erneut für Aufsehen.
Schon die Kindheit verbrachte er lieber im Wald, statt vor der Glotze zu zocken, erinnert sich Höller. Der Wald ist sein Sehnsuchtsort. Dort ist man ungestört, keiner stellt einem blöde Fragen. „Meist zumindest“, sagt er und lacht herzlich. Er ist ein spannender und lockerer Gesprächspartner zugleich. Optisch hält er heute nicht, was sein Instagram-Account verspricht. Er trägt schlichte dunkle Klamotten, nicht die dort zu sehenden extravaganten Kleidungsstücke. Seine Gesichtstattoos sind natürlich nicht zu übersehen.
Während eifrige Jogger links und rechts vorbeihuschen, gibt der Sohn des bekannten Motivationstrainers Jürgen Höller Einblicke in seine Kindheit und Jugend, die er großteils in Schwebheim verbracht hat. In der Schule wurde Alexander für seinen Traum, Künstler zu werden, belächelt. Seine Eltern ließen ihn sich frei entwickeln. Als Torhüter in der Jugend des FC 05 Schweinfurt lernte er früh, sich durchzusetzen. Das helfe ihm heute noch. Ein hohes Maß an Disziplin ist auch als Künstler gefragt. Zwölf bis 14 Stunden reißt er häufig pro Tag in seinem Münchner Atelier ab. Dort vertieft er seine Kunst. An manchen Bildern arbeitet er bis zu zwei Jahre.
Vier Monate lang verbarrikadierte sich Alexander Höller für seine Waldserie in seinem Münchner Atelier.
Dort saß er aber auch an einem Tag im März 2020, an dem er „völlig down“ war. Seine geplanten Ausstellungen fürs erste Halbjahr wurden abgesagt. Die Pandemie bremste auch ihn als Künstler erstmal aus.
Nicht zeigen zu können, an was er Monate und Jahre lang gearbeitet hat – ein unbefriedigender Zustand. Und das ohne jegliches Selbstverschulden. „Das geht ganz vielen Branchen immer noch so“, betont er.
Aber auf Chaos folgt immer Neuordnung, skizziert er, und nimmt den Wald als Beispiel: „Nach jedem Sturm ist der Wald erstmal aufgewühlt. Es fallen Bäume um, Äste brechen ab“, sagt er mit ruhigem Blick in Richtung Baumkronen: „Aber der Wald erholt sich irgendwann. Es geht immer weiter und weiter.“
Höller setzte auf „Jetzt erst recht“ zu Beginn der Pandemie im Frühjahr. „Mal deine Bilder und nutze deine Kraft“, sagte er sich. Vier Monate lang verbarrikadierte er, der sich selbst als Workaholic und Einzelgänger beschreibt, sich im Atelier, um an einer Waldserie zu arbeiten. Ein Herzensprojekt, bei dem er sich selbst überraschen konnte: „Das war meine krasseste Schaffensphase.“
Seine Kunst führte ihn bereits bis nach Miami und Los Angeles. Aber es geht weiter, immer weiter. Das Ergebnis seiner Waldserie schlug mit der Ausstellung „Sturm“ in der Kölner Galerie Martina Kaiser gewaltig ein. Fast alle Bilder dort fanden Abnehmer. Ein „echter Höller“ ist auf dem Kunstmarkt heiß begehrt.
Selbst Promis wie Arnold Schwarzenegger, Oliver Kahn oder Ralf Möller haben einen an der Wand hängen. Je nach Größe kosten die Kunstwerke zwischen 5000 und 40 000 Euro. Der Material- und Arbeitsaufwand soll dabei allerdings enorm sein, erklärt der Maler. Stilistisch sind Höllers Werke dem abstrakten Expressionismus zuzuordnen. Er möchte zeigen, dass Kunst nicht nur in spießig, sondern auch in hip und cool funktioniert. Es gelingt ihm eindrucksvoll. Die Bilder sind großformatig, wild, knallig bunt und in ihrer Tiefe gewaltig. Zwölf bis 20 Schichten aus Ölfarbe, Lack, Papier oder Blattgold trägt er auf. Bei der Waldserie wollte er die Frische und die Horizonte des Waldes wiedergeben, aber auch die Fantasie von Erinnerungen und Wunschorten anregen.
Die Serie hat er kurz vor Weihnachten erst einmal unterbrochen. Es ist Zeit für einen neuen künstlerischen Impuls. Einer der 150 Mal das Gleiche macht, um damit möglichst viel Kohle zu verdienen, sei er nicht, versichert er. Als nächstes stehen Selbstportraits auf Höllers Liste.
Dass auch mal etwas floppt, davor hat er keine Angst. Der rasante Erfolg gibt ihm derzeit ohnehin recht. Mit dem Erfolg fühlt er sich wohl – das ist unverkennbar. Aber auf sympathische Art und Weise. Klar, sein Rockstar-Image wirkt gewaltig.
Wer sich zur Premiere der eigenen Ausstellung vor versammelten Gästen tätowieren lässt, läuft nicht Gefahr als introvertiert wahrgenommen zu werden. Alexander Höller sieht sich als Gesamtkunstwerk. Künstler hätten doch nicht nur die Aufgabe schöne Dinge zu produzieren, die später bei reichen Leuten an der Wand hängen, findet er er. „Ein Künstler hat doch eigentlich die Aufgabe ein Freidenker zu sein.“ Der 24-Jährige möchte Grenzen sprengen, dabei auch Dinge tun, die sich andere Menschen vielleicht nicht trauen.
Und was ist, wenn der Ruhm doch irgendwann zu Kopf steigt? Er wie- gelt ab. Schon bevor seine Kunst na- tional und international zum Erfolg wurde, stellte er sich einen Leitsatz auf: „Ich will ein großer Künstler werden, aber immer ein bodenstän- diger Mensch bleiben.“ Sein Luxus sei es das tun zu können, was er sich ausgesucht hat. „Dafür bin ich ein- fach jeden Tag dankbar.“
Das große Ziel, im Museum of Mo- dern Art im New Yorker Stadtteil Manhattan ausgestellt zu werden, möchte Alexander Höller noch zu Lebzeiten erreichen. „Kunst muss ge- sehen werden“, sagt er kurz vor dem Ende des Spaziergangs. Aber die Mu- seen zieren sich noch etwas bei einem so jungen Künstler. Vielleicht macht die alte Heimat ja den Anfang. „Es wäre mir eine Ehre, hier in der Kunsthalle in meiner Heimat was machen zu dürfen.“